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Es geht nichts über einen „guten“ Nachbarn

Heute will ich mal über einen Vorgang erzählen, der zunächst aussichtslos erschien. Wie gewöhnlich wurde, nachdem dem Gläubiger für die geschuldete Ware kein Geld bezahlt wurde, das Mahnverfahren in die Wege geleitet. Nach Vorlage des Vollstreckungsbescheids habe ich den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der zwangsweisen Beitreibung beauftragt.

Daraufhin hat sich der Schuldner gemeldet und wollte Raten bezahlen. Leider hat er sich nicht an sein Versprechen gehalten. Also wurde durch den Gerichtsvollzieher die Vollstreckung fortgesetzt. Nachdem nichts pfändbares zu holen war, hat der Schuldner das Vermögensverzeichnis abgegeben.

Aus dem vorliegenden Vermögensverzeichnis hat sich leider nichts ergeben, er hatte keine Vermögenswerte; sein Ein-Mann-Betrieb hat im Monat nur ca. 1200,00 € abgeworfen. Seine Frau ging nicht arbeiten; er besaß zwar ein Haus, welches allerdings mit einer Grundschuld zu Lasten einer Bank somit "wertlos" für uns war. Ein Fahrzeug hatte er nicht, eine Kontoverbindung hatte er nicht und aktuelle Aufträge lagen ebenfalls nicht vor.

Ich habe daraufhin versucht den Schuldner anzurufen. Zu Hause ging niemand ans Telefon, eine aktuelle Handy-Nummer hatte ich nicht. Im Telefonbuch war keine Handy-Nummer verzeichnet.

So schnell wollte ich mich allerdings nicht geschlagen geben; ich habe kurzerhand in der Nachbarschaft rumtelefoniert. Einer Nachbarin, die ich erreicht habe, habe ich "vorgejammert" dass ich den Schuldner dringend erreichen müsste. Natürlich hatte ich mich mit Anwaltsbüro gemeldet und ihr auch gesagt, dass ich leider zu Hause niemand erreicht hätte.

Die nette Nachbarin meinte, das wäre klar, die sind gerade mit dem Auto (!!!!) weggefahren. Sie hat mir, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, also dass ich sie ja nicht verrate, die Handy-Nummer des Nachbarn gegeben.

Daraufhin habe ich sofort auf der Handy-Nummer angerufen. Seine Frau ging an den Apparat. Sie meinte, ihr Mann könne gerade nicht ans Telefon gehen. Ich habe erwidert, dass mir das schon klar ist, schließlich müsse er ja Auto fahren! Eine längere Pause trat ein. Wahrscheinlich hat sie sich umgeschaut, ob sie verfolgt wird. Ich habe sie gebeten, ihrem Mann auszurichten, dass, sollte er nicht gerade auf dem Weg zur Bank sein um die versprochene Rate einzubezahlen, er dies unverzüglich tun sollte. Soweit kein Geldeingang in den nächsten drei Tagen bei uns zu verbuchen wäre, würde ich den Gerichtsvollzieher umgehend mit der Pfändung des offensichtlich beim Vermögensverzeichnis verschwiegenen Fahrzeugs beauftragen. Außerdem würde ich mir vorbehalten ihn wegen falscher Angaben im Vermögensverzeichnis anzuzeigen…

Na ja, was soll ich sagen, es hat geklappt. Tatsächlich keine drei Tage später war das Geld da und der Schuldner hat weiterhin seine monatlichen Raten, bis zur vollständigen Bezahlung des Gesamtbetrages, geleistet.

Vermögensverzeichnis zunächst „wertlos“

Der Schuldner, ein Landwirt, hatte landwirtschaftliche Gerätschaften erworben und diese nicht bezahlt.

Nach Mahnverfahren und leider erfolgloser Zwangsvollstreckung lag nun das Vermögensverzeichnis vor. Auf den ersten Blick gab das Vermögensverzeichnis nichts her was man pfänden könnte, lediglich "Sachen die der Schuldner zum "Betrieb seines Geschäftes benötigte. So besaß er mehrere Milchkühe sowie Muttersauen, landwirtschaftliche Geräte und sonst nur Dinge des täglichen Gebrauchs, war also zunächst unpfändbar. Diese einzelnen Tiere und Geräte waren zur Aufrechterhaltung seines Betriebs notwendig .

Nachdem der Schuldner mich im Vorfeld bereits mehr oder minder hämisch angerufen und mir gesagt hatte, ich bräuchte doch nicht unnötig Geld ausgeben für Vollstreckungsmaßnahmen, da bei ihm nichts zu holen sei, war meine dektivische Nase angeregt.

Ich dachte mir, zwar hat er Milchkühe und Muttersauen, aber die geben schließlich auch "was her", was er dann verkauft.

Durch verschiedene Telefonate habe ich herausgefunden, dass Verkauf von Vieh über das Landratsamt "kontrolliert" wird.

Beim Landratsamt habe ich mich dann erkundigt, wann und wie oft eine Muttersau „ferkelt“ und wann daher mit dem Abverkauf der Ferkel zu rechnen ist.

Außerdem erfuhr ich deren Ca.-Preis.

Bezüglich der Milch habe ich mich bei der örtlichen Milchgenossenschaften erkundigt, b der Schuldner hierhin seine Milch liefert. Volltreffer.

Daraufhin brachte sie eine Pfändung bei der Milchgenossenschaft bezüglich des „Milchgeldes“ aus.

Zudem habe ich auf Grund meienr Recherchen herausgefunden, dass die meisten Landwirte auch Mitglied einer solchen Milch-Genossenschaft sind.

Ich habe daher die Pfändung der Genossenschaftsanteile des Schuldners in den PfÜB-Antrag mit einbezogen, da ich auch hier davon ausging, dass der Schuldner Mitglied der Genossenschaft war, zu der er seine Milch liefert.

Nachdem die Verwertung der Ferkel zunächst als recht aufwendig erschien, habe ich den Schuldner von meiner Absicht informiert, dass bei der nächsten "Ferkelei" ich die entsprechenden Ferkel pfänden und zu gegebener Zeit "verwerten", also versteigern lassen werde.

Daraufhin setzte sich der Schuldner mit unserem Büro in Verbindung und erledigte die Angelegenheit durch Ratenzahlungen. 

Gehalt

Soweit ein Titel zur Vollstreckung vorliegt hat man verschiedene Möglichkeiten; wenn man eigentlich garnichts über den Schuldner weiß muss man über den normalen Vollstreckungsauftrag den zuständigen Gerichtsvollzieher beauftragen. Wenn man dem Tipp gefolgt ist, so viele Informationen wie möglich über den Schuldner im Vorfeld zu sammeln, dann weiß man eventuell auch wo er arbeitet. Dann kann eine Lohn- und Gehaltspfändung ausgebracht werden. Drittschuldner ist in diesem Falle der Arbeitgeber des Schuldners. Ein solcher Pfändungs- und Überweisungsantrag muss bei dem für den Schuldner zuständigen Amtsgericht gestellt werden. Dort wird geprüft ob die Voraussetzungen für eine Pfändung (Titel, Klausel und Zustellung) vorliegen und ob die Forderung, entsprechend den Vorgaben im vorliegenden Titel richtig berechnet worden ist.

Soweit dann alles in Ordnung ist wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen und (was gleich mit beantragt wird) zur Zustellung an den zuständigen (für den Drittschuldner zuständigen) Gerichtsvollzieher weitergeleitet.

Der zuständige Gerichtsvollzieher stellt dem Drittschuldner (hier also Arbeitgeber) die Pfändung vor Ort, in den Räumen des Drittschuldners zu. Auf der Zustellungsurkunde wird Datum, Uhrzeit und derjenige vermerkt, der das Schriftstück in Empfang genommen hat.

Dann muss der Drittschuldner, entsprechend den Vorschriften in der ZPO unter anderem mitteilen ob die Forderung anerkannt wird (also ob der Schuldner dort arbeitet), ob Vorpfändungen vorhanden sind usw.

Soweit keine Vorpfändungen vorhanden sind und beim Schuldner ein pfändbarer Betrag "übrig bleibt" muss der Arbeitgeber diesen pfändbaren Betrag dann an den Gläubiger abführen.

Nun kann man die Berechnung des pfändbaren Betrages so nicht nachvollziehen, deshalb pfände ich bei Pfändungen von Lohn- und Gehaltsansprüchen auch immer noch "den Anspruch des Schuldners gem. § 836.3 ZPO (Vorlage der Gehaltsabrechnung) mit.
Aus den mir vom Arbeitgeber dann übermittelten Lohn- und Gehaltsabrechnungen kann ich zum einen ersehen, ob der zu pfändende Betrag richtig abgerechnet wurde, ob Weihnachtsgeld bezahlt wird, Überstunden, ob er einen Geschäftswagen fährt und ich kann (meist) der Abrechnung auch die aktuelle Kontoverbindung des Schuldners entnehmen.
Gegebenenfalls kann dann noch eine Pfändung der Bankverbindung nachgeschoben werden.

Eigentum vererbt

Den Schuldner benennen wir hier mal "Max Müller". Im Jahr 2002 wurde das Mahnverfahren bezüglich Warenlieferungen aus 2001 für eine Mandantschaft gegen den Schuldner "Max Müller" betrieben. Aus dem dann vorliegenden Vollstreckungsbescheid die Zwangsvollstreckung, ergebnislos, betrieben. Der Schuldner hatte mehrere Eigentumswohnungen bzw. ein Hausgrundstück sowie Obstbaumwiesen in seinem Vermögensverzeichnis angegeben. Die eingeholten Grundbuchauszüge hatten alle seitenweise Voreinträge in Form von Grundschulden und/oder Sicherungshypotheken. Bei genauer Durchsicht wurde festgestellt, dass ein einziger Tiefgaragenplatz noch nicht mit entsprechenden Belastungen belegt war. Eine Sicherungshypothek für unsere Mandantschaft wurde dann 2004 eingetragen. Im Jahr 2007 wurden wir von der Anwaltskanzlei eines anderen Gläubigers angeschrieben, der nachfragte warum in der Forderungssache "ehemals" Max Müller, jetzt Eva Müller, die Zwangsversteigerung nicht eingeleitet worden war. Durch diese Nachfrage stutzig geworden haben wir unsererseits recherchiert. Der Schuldner war 2004 verstorben. Über das zuständige Notariat wurde die entsprechende Annahme der Erbschaft als Nachweis erbeten. Mit diesem Nachweis konnte dann beim zuständigen Mahngericht auf den Vollstreckungsbescheid die Rechtsnachfolgeklausel, welche nunmehr die Ehefrau "Eva Müller" als Schuldnerin ausweist, auf den Vollstreckungsbescheid angebracht. Mit diesem Vollstreckungstitel wurde im November 2008 die Zwangsversteigerung beantragt. Die Garage wurde begutachtet, Versteigerungstermin wurde bestimmt. Vollständige Zahlung durch die Gegenseite (also den Erben) wurde geleistet, der Versteigerungsantrag wurde zurückgenommen und um Aufhebung des Versteigerungstermins gebeten.

Schuldner ist selbstständig

Da selbstständige Handwerker sich Ware auch oft direkt auf die aktuelle Baustelle liefern lassen ist oftmals die Adresse des Bauvorhabens auf den Rechnungen bzw. Lieferscheinen enthalten. Dies hab ich mir schon des öfteren zunutze gemacht und den zuständigen Gerichtsvollzieher beauftragt, soweit keine direkte Beitreibung erfolgte,  im Rahmen des Verfahrens zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung den Schuldner ausdrücklich nach den Baustellen und den entsprechenden Abrechnungsstatus (sowie Name und komplette Anschrift des Auftraggebers) zu befragen. Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse bezüglich der noch nicht abgerechneten Baustellen des Schuldners können dann entsprechend veranlasst werden.